KÜNFTIGER CHEF DES LUTH. KIRCHENAMTES IN DER KRITIK

Aufruf, sich öffentlich zu distanzieren von der Bestreitung der Grundaussage des Evangeliums, „dass Christus für uns gestorben ist und wir durch sein Blut erlöst sind.“

Lieber Bruder Gorski,

Sie sind am 1. Mai als neuer Leiter des Amtes der VELKD durch die Kirchenleitung  der VELKD und vom Rat der EKD als Vizepräsident berufen worden. Am 1. September ist Ihre Einführung. Bevor Sie dieses Doppelamt antreten, fordern wir Unterzeichner als Vertreter vieler Bekennenden Gemeinschaften Sie auf, sich öffentlich zu distanzieren von der Bestreitung der Grundaussage des Evangeliums „dass Christus für uns gestorben ist und wir durch sein Blut erlöst sind.“

In Ihrer Karfreitagspredigt von 2006 und in einem Interview der  DIE  NORDELBISCHE, Ausgabe 18/2007 kritisieren und bestreiten Sie die „Sühnechristologie“. Dies steht im Gegensatz zur Heiligen Schrift. Dort heißt es in 1 Kor 15,1-5, „…dass Christus für unsere Sünde gestorben ist“, in Röm 8,32, „dass Gott seinen eignen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle (in den Tod) dahingegeben hat“, und in 1. Petr 1,19 „dass wir erlöst sind… mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes“.

Für Martin Luther war diese biblische Karfreitagsbotschaft geradezu das Herz allen christlichen Glaubens. In der Lutherischen Kirche weltweit hat diese Aussage zentralen Bekenntnisrang.

Mit Ihrem neuen Amt sind Sie diesem Bekenntnis in besonderer Weise verpflichtet.

In Luthers Kleinem Katechismus (2. Artikel) heißt es: „Ich glaube, dass Jesus Christus… sei mein Herr, der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöst hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben…“

Im Augsburger Bekenntnis heißt es in Artikel 4 „Von der Rechtfertigung“: „Es wird gelehrt,… dass wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, nämlich, wenn wir glauben, dass Christus für uns gelitten hat und dass uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird, …wie der Hl. Paulus zu den Römern im 3. und 4. Kapitel sagt.

In der Leuenberger Konkordie (1973) heißt es in Nr.9: „In der Rechtfertigungsbotschaft wird Jesus Christus bezeugt als der Menschgewordene, in dem Gott sich mit den Menschen verbunden hat, als der Gekreuzigte und Auferstandene, der das Gericht Gottes auf sich genommen hat und darin die Liebe zum Sünder erwiesen hat.“

In der Barmer Erklärung von 1932 heißt es in These 3: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.“

In Ihrer Karfreitagspredigt sagen Sie der Gemeinde, diese Theologie mache heute vielen zu schaffen und führen aus: „Wir dürfen uns von ihr lösen…wir selber sind frei, andere Wege der Deutung des Todes Jesu zu gehen, wenn wir wollen… Der Tod Jesu war nicht notwendig, damit sich Gott mit uns versöhnt und uns vergibt. Die Behauptung einer solchen Notwendigkeit ist eines der größten Missverständnisse der christlichen Geschichte.“ Weiter führen Sie aus: Die Vorstellung, Gott habe Jesus an unserer Statt in den Tod gegeben, um uns Sünder auf diese Weise zu versöhnen, widerspreche allen humanen Vorstellungen eines liebenden Gottes. „Versöhnung kann doch auch einfach aus Liebe in einem Akt der Zuwendung geschehen.“

Dass Gott seinen gerechten Zorn gegen die Sünde nicht an den Sündern vollstreckt, sondern stellvertretend für sie an sich selbst in seinem Sohn, ist Ausdruck der unendlichen Liebe Gottes. Durch sein eigenes Leiden und Sterben befreit uns Gott durch einen äußersten Akt der Selbsthingabe von unserer Schuld. Das ist das tiefste Geheimnis,  das es inmitten der schuldbeladenen Menschheit gerade auch unserer Gegenwart zu bezeugen gilt – ein Geheimnis, dessen Wirklichkeit für alle Menschen so notwendig ist wie nichts anderes.

Lieber Bruder Gorski, von dieser für den christlichen Glauben zentralen Mitte haben Sie sich seinerzeit mit Ihrer Karfreitagspredigt und Ihrem Interview in der „DIE NORDELBISCHE“ verabschiedet.

Es ist für uns nicht hinnehmbar, ja unerträglich, dass ein Amtsträger der VELKD und der EKD in leitender Funktion das Zentrum biblischer und lutherischer Theologie ablehnt. Das Doppelamt, das Sie bekleiden werden, erfordert Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit in elementaren Bekenntnisfragen. Diese sehen wir nicht gegeben, wenn Sie weiterhin die Notwendigkeit des Sühnetodes Jesu leugnen. Christen müssen von einem Theologen in hohem Leitungsamt erwarten dürfen, dass er ein uneingeschränktes Ja zu den Grundlagen des Glaubens sagt.
Daher fordern wir Sie auf, sich vor Antritt Ihres neuen Amtes öffentlich von der Leugnung des Sühnetodes Jesu in Ihrer Karfreitagspredigt zu distanzieren. Wir bitten Sie ebenso um eine persönliche Stellungnahme zu unserem Schreiben.

Mit freundlichem Gruß

Für die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den Evangelischen Landeskirchen Deutschlands (KBG), Pastor Ulrich Rüß

Für die Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG), Pastor Ulrich Rüß

Für den Arbeitskreis Bekennender Christen in Bayern, Pfarrer Till Roth

Für den Gemeindehilfsbund und das Gemeindenetzwerk, Pastor Dr. Joachim Cochlovius

Für die Ev.-Luth Bekenntnisgemeinschaft in Sachsen, Pfarrer Karsten Klipphahn

Für die Bekenntnisinitiative in Sachsen, Pfarrer Gaston Nogrady

Für den Lutherischen Konvent im Rheinland, Pfarrer Winfried Krause

Für die Ev. Sammlung im Rheinland, Pfarrer Wolfgang Sickinger

Als Ev.-Luth. Bischof i.R., Prof. Dr. Ulrich Wilckens