ALARMIERENDE ZAHLEN DER KIRCHENAUSTRITTE – URSACHEN UND KONSEQUENZEN

Wenn allein im Jahr 2018 rund 220000 Mitglieder aus der Ev. Kirche austreten, 11,6% mehr als im Vorjahr, dann ist das ein alarmierendes Zeichen.
Die Frage nach den Ursachen muss gestellt werden.

Neben einem zunehmenden Säkularisierungsprozess und demographischer Entwicklung gibt es eine Fülle von hausgemachten Gründen. Die Evangelische Kirche hat ein Identitätsproblem. Sie wird zunehmend als bevormundende Moralinstanz in Politik- und Weltverständnis wahrgenommen, angepasst an den aktuellen gesellschaftlichen Mainstream, als Vorreiter der Genderideologie und Unterstützer der Ehe für alle. Die Kirche hat ihre allgemeine, an der Bibel und dem Bekenntnis ausgerichtete Kompetenz in Fragen des Glaubens, der Ethik und Dogmatik gleichsam selbst aufgegeben.
Damit hat sie sich von den Gläubigen entfremdet, steht in einer Glaubwürdigkeitskrise, weil sie sich zu weit von ihren Kernaufgaben, der Vermittlung des Glaubens, des Sich-kümmerns um das Gemeindeglied, der hinwendenden Seelsorge entfernt hat.
Die ständige Beschäftigung mit Strukturfragen unter Vernachlässigung der Kernaufgaben des Glaubens, der ging zu Lasten der Ortsgemeinde, zu Lasten des einzelnen Gemeindeglieds.
Landesbischöfin Kristina Kühnborn-Schmidt hat recht, wenn sie sagt „Es sei für viele Menschen nicht mehr verständlich, wofür der christliche Glaube steht.“ Aber genau hier liegt das Defizit. Dabei gibt es nicht wenige, die die Kirche aus Glaubensgründen verlassen, weil sie in ihr nicht mehr den wahren Anwalt christlichen Glaubens sehen, weil sie wahrnehmen, wie Kirche selbst wesentliche Glaubensgrundlagen infrage stellt, weil sich die Kirche auch damit von den Gläubigen entfernt hat.

Konsequenzen
Bei allen kirchlichen Verantwortungsträgern ist ein Sinneswandel vonnöten, um deutlich zu machen, wofür die Kirche steht in der Gottesfrage, in Glaubensfragen, in Sinnfragen und entscheidenden Lebensfragen, dem einzelnen Menschen zugewandt. Kirche muss verstärkt Brückenbauer zu Gott sein! Evangelisation, Mission, Seelsorge müssen thematisch die Tagesordnungen kirchlicher Gremien bestimmen. Glaubenskurse auch für kirchliche Mitarbeiter.
Christus, die heilige Schrift, der Glaube und die Gnade Gottes müssen die unbestreitbare eindeutige Autorität und Absolutheit bekommen. Die Bindung an Schrift und Bekenntnis darf nicht dem jeweiligen Zeitgeist geopfert werden. Damit steht und fällt die eigene Glaubwürdigkeit und Identität von Kirche.
Der Gottesdienst mit Verkündigung und der regelmäßigen Feier des Heiligen Abendmahls muss Zentrum der Gemeindearbeit bleiben und werden. Das gilt nicht nur für Gemeindeglieder allgemein, sondern auch für Konfirmanden, kirchliche Mitarbeiter und Pfarrer. Wenn alle kirchlichen Mitarbeiter, Pfarrer und kirchlich Bediensteten den Gottesdienst am Sonntag besuchten, wären die Kirchen gut besucht.

Kirchliche Arbeit muss sich konzentrieren auf ihre Kernaufgaben, auf ihren Markenkern und der Verzettelung auf dem Markt der Möglichkeiten wehren. Jesus Christus hat bei allem Reden und Tun Mitte und Leitschnur zu sein, damit das Evangelium Platz gewinnt.
Die alarmierenden Austrittszahlen sind für die Kirche ein Aufruf zur Buße und Erneuerung in der Kraft des Heiligen Geistes.

Pastor Ulrich Rüß,
Vorsitzender der Konferenz Bekennender Gemeinschaften in Deutschland (KBG)
1.Vorsitzender der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Nordkirche